Flüssigkeitsmenge im Sauerteigansatz
Wie wirkt sich die Wassermenge im Sauerteigansatz auf den Geschmack aus?
Bei der Herstellung vom Sauerteigansatz wird oft darüber gesprochen wie lang der Ansatz braucht bevor er in den Kühlschrank wandert und bei welcher Temperatur er geht. Worüber selten gesprochen wird, ist wie viel Wasser er enthält.
Der klassische deutsche Sauerteigansatz wird im 1:1 Verhältnis Mehl:Wasser gemischt. Natürlich gibt es andere Varianten wie den Lievito Madre, bei dem das Verhältnis 2:1 (Mehl:Wasser) ist, jedoch sind dort auch weitere Parameter anders (Weizen, statt Roggen, oft Zugabe von Zuckern und/oder Öl).
Bekannte Auswirkungen der TA
Ich habe schon öfter gelesen, dass sich ein flüssigerer Ansatz nicht so lange hält wie ein fester. Wenn man in den Urlaub fährt kann man also seinen Ansatz auf 2:1 umstellen. Ich hatte allerdings nie Probleme einen sauber geführten 1:1 Ansatz auch mehrere Wochen (oder sogar Monate) im Kühlschrank aufzubewahren. Es brauchte anschließend nur einmal auffrischen, dann war der Ansatz wieder fit zum Backen.
Was habe ich getestet
Mir ging es also darum welchen Einfluss die Flüssigkeitsmenge auf den Geschmack hat. Dazu habe ich drei mal aufgefrischt (jeweils mit Roggenvollkornmehl von der Adlermühle):
- 2:1 40g Mehl, 20g Wasser, 10g Ansatz
- 1:1 40g Mehl, 40g Wasser, 10g Ansatz
- 1:2 40g Mehl, 80g Wasser, 10g Ansatz
Alle drei Ansätze habe ich bei Raumtemperatur (22°C) für 14 Stunden gehen lassen.

Ergebnisse
Nach den 14 Stunden habe ich jeweils den Geruch und den Geschmack der Ansätze getestet. Hier gab es erste Erkenntnisse :)

Geruch: Sehr sauer
Geschmack: Wenig sauer, kaum Aroma, insgesamt recht fad
Ich vermute hier war die Dauer einfach noch zu kurz und es ist noch zu wenig passiert.

Geruch: Kaum sauer
Geschmack: Sauer, etwas metallisch
Der klassische Sauerteig. Ich bin unsicher wo der metallische Geschmack herkommt. Alle drei Ansätze wurden in den gleichen sterilisierten Gläsern gemacht, daher kann darüber eigentlich keine Verunreinigung kommen.

Geruch: Leicht sauer
Geschmack: Recht sauer, zitronig
Obwohl ich es durch den schwachen Geruch erst nicht erwartet hatte war der Geschmack mit Abstand am Besten.
Um dem 2:1 Ansatz noch etwas Zeit zu geben, war dieser noch für weitere 12 Stunden bei Raumtemperatur, die anderen sind in den Winterschlaf im Kühlschrank gewandert. Letztlich hat sich am Geruch und Geschmack aber auch nach den 12 Stunden kaum mehr was getan.
Backen
Um die Sauerteigansätze zu testen, habe ich drei mal die Vollkorn-Vinschgauer aus der Brotheld App gebacken. Ich habe nur den Schabziegerklee weg gelassen, damit der Sauerteig mehr zur Geltung kommt.
Die fertigen Vorteige lassen erahnen, dass der flüssiger geführte Ansatz aktiver ist als der Festere.

Nach dem Backen zeigt sich, dass der festere Teig noch etwas mehr Kraft hatte und im Ofen weiter aufgegangen ist (siehe die Verbindungsstelle zwischen den Brötchen). Er ist allerdings auch etwas breiter gelaufen.
Geruchlich hat sich nicht viel geändert, das Brötchen mit flüssigerem Ansatz riecht saurer und leicht zitronig, das Mittlere weniger sauer und das Feste kaum sauer. Geschmacklich gibt es ebenfalls keine starken Unterschiede. Ich habe eine kleine Studie mit einigen Probeessern durchgeführt - je nach Tester wurden unterschiedliche Brötchen bevorzugt oder als mehr oder weniger sauer beschrieben.


Fazit
Der flüssigere Ansatz ist auf jeden Fall aktiver, das ist auch weithin bekannt. Der etwas feinere Geschmack und leicht zitronige Geruch hat mich aber überrascht und motiviert in Zukunft vielleicht auch mal einen 3:1 Ansatz zu testen. Folgende Punkte habe ich gelernt:
- Flüssigerer Ansatz ist aktiver, auch im Vorteig ist das noch spürbar
- Für feineres Brot scheint ein flüssigerer Ansatz besser geeignet
- Für rustikaleres Brot eher normal (1:1) führen
Wie ist deine Erfahrung?
Wie auch Sandor Katz in "The Art of Fermentation" schreibt: Rezepte sind schön und gut, aber beim Fermentieren kommt es vor allem auch auf die eigenen Erfahrungen, den Austausch mit Anderen und das Gefühl für Lebensmittel an. Daher interessiert mich bei solchen Experimenten sehr, welche Erfahrungen du gemacht hast. Bitte teile sie in den Kommentaren!
